Wettbewerb
Komponist°innen für 2027
Wir möchten uns nochmals auch an dieser Stelle herzlich bei allen Komponist°innen bedanken, die ihre Arbeiten, Unterlagen und Konzepte für den von impuls 2024/2025 ausgeschriebenen internationalen Kompositionswettbewerb übersendet haben. Eine Jury, bestehend aus drei Komponist°innen sowie zwei Musiker°innen des Klangforum Wien (Pierluigi Billone, Chaya Czernowin und Elena Mendoza sowie Wendy Vo Cong Tri und Mikael Rudolfsson) haben folgende Komponist°innen aus 163 gültigen Einsendungen, die uns aus 43 Nationen und fünf Kontinenten erreicht haben, ausgewählt:
Omer Barash (*1995, Israel / UK)
Louis Bona (*1990, Frankreich)
Marin Escande (*1992, Frankreich)
Hristina Šušak (*1996, Serbien)
Diese vier Komponist°innen erhalten von impuls Kompositionsaufträge für neue Ensemblewerke, die sodann im Feber 2027 beim impuls Festival in Graz ihre Uraufführung erleben.
Die impuls Auftragskompositionen gehen bereits im Vorfeld mit einem intensiven Austausch mit einem international bekannten Ensemble im Bereich der zeitgenössischen Musik wie dem Klangforum Wien sowie mit umfangreichen Probenmöglichkeiten einher. Selbstverständlich werden die Komponist°innen von impuls auch zu den Aktivitäten und Uraufführungen vor Ort eingeladen, und es werden zusätzliche Musikvermittlungsprogramme entwickelt, die die Vorstellung der Komponist°innen und die Verbreitung ihrer Werke unterstützen.
Omer Barashs Musik befasst sich häufig mit Fragen des Dazwischen und der Identität, wobei er sowohl deren klangliche als auch konzeptionelle Aspekte berücksichtigt. Ein Großteil seiner Arbeit entspringt der eigenen Interpretation hebräischer Texte und Traditionen sowie von Klanglandschaften, die ihn umgeben. Dieser Ansatz hat ihn zu Projekten geführt, die von alten Manuskripten bis hin zu digitaler Signalverarbeitung reichen.
Seine Arbeit wurde unter anderem mit dem ersten Preis des Salvatore-Martirano-Preises (2024), dem ersten Preis des Kompositionswettbewerbs des Ensemble Écoute (2024), dem Preis „Achievement of the Year“ der ACUM (Israel's Society of Authors, Composers and Publishers, 2024) und Leistungsstipendien der America-Israel Cultural Foundation (2018-2025) ausgezeichnet.
Barashs Musik wurde bei den Wittener Tagen für neue Kammermusik (2025), der Cresc. Biennale (2023), Nuova Consonanza (2017) und CEME (2023) von Ensembles wie Ensemble Modern (als Teil von ICCS young_professionals), Meitar und den Israeli Contemporary Players sowie von Dirigenten und Solist°innen wie Pierre-André Valade, Léo Warynski, Keren Motseri und Benjamin Alunni aufgeführt.
Der 1995 in Israel geborene Barash studierte instrumentale und elektroakustische Komposition bei Yinam Leef und Ari Ben-Shabetai (Jerusalem Academy of Music and Dance), Philippe Leroux (McGill University), Karlheinz Essl (Universität für Musik und darstellende Kunst Wien) sowie Claudia Scroccaro und Pierre Jodlowski (IRCAM). Derzeit ist er Doktorand für Komposition an der Columbia University in New York, wo er bei Marcos Balter und Georg Friedrich Haas studiert hat. Wichtige Anregungen erhielt er auch von Franck Bedrossian, Chaya Czernowin und Farzia Fallah und Amnon Wolman.
Louis Bonas musikalische Reise begann mit Bratschen- und später Orgelstudien an verschiedenen Pariser Konservatorien. Parallel zu seiner klassischen Ausbildung eröffneten ihm verschiedene musikalische Begegnungen mit Steve Mc Craven (dem Schlagzeuger von Archie Shepp), Bertrand Burgalat und Jean Claude Vagnier (Arrangeur/Komponist von Serge Gainsbourgs Melody Nelson) einen breiteren Blickwinkel auf die Welt der Musik.
Durch diese verschiedenen Erfahrungen begann er mit dem Komponieren und organisierte eine Reihe von Konzerten (2008). Nach seinem Abschluss am CRR in Paris (2009) setzte er sein Bratschenstudium an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin fort, wo er bei Professor Walter Küssner (Berliner Philharmoniker) und durch die Aufführung zeitgenössischer Musik mit dem Ensemble Echo einen neuen Zugang zu Instrument und Klang entdeckte. Außerdem war er an der Gründung des Musiktheaterkollektivs Hauen und Stechen beteiligt, wo er als Komponist, Bratschist und Schauspieler mitwirkte.
Um sich auf Komposition zu konzentrieren, kehrte er sodann nach Paris zurück und studierte zunächst bei Jean-Luc Hervé und Yan Marez am Konservatorium von Boulogne-Billancourt, dann am Conservatoire National Supérieur de Paris bei Frédéric Durieux und trat regelmäßig auf deutschen und französischen Bühnen auf (vor allem im Athénée: Lulu Nana, 2017, Notre Carmen, 2018 und Salomé im Jahr 2021). Während seines Kompositionsstudiums entdeckte er die elektronische Musik, interessierte sich für die Mehrdeutigkeit des Klangphänomens und seinen evokativen Charakter und schuf insbesondere Soundtracks für den Film Avion, ein Projekt, das sich mit den Auswirkungen der modernen Welt auf unsere Sinne und unsere Vorstellungskraft beschäftigt. Die Beziehung zur Kunstwelt veranlasste ihn, andere Veranstaltungen an alternativen Orten oder in Konzertsälen mitzuorganisieren, insbesondere eine Konzertreihe namens „Parcimony“, bei der komponierte und improvisierte sowie computergenerierte Musik kombiniert wurden, oder „Tout Terrain“, bei der elektroakustische Musik auf Skulptur traf. Ein Jahr studierte Bona auch an der Kunstuniversität Graz bei dem Komponisten Clemens Gadenstätter, sein Kompositionsstudium schloss er am CNSMDP ab.
Louis Bona war von 2022 bis 2024 Resident an der Cité des Arts. Er unterrichtet elektronische Musik an der Universität von Paris 8.
Seine jüngsten Werke, insbesondere das Stück für Akustikgitarre und ein Ensemble von 20 Musiker°innen („Régression“), legen einen Schwerpunkt auf eine modulare und grundlegende Herangehensweise an die Musik, die dank der Einfachheit ihrer melodischen Elemente in Verbindung mit einer präzisen Herangehensweise an Modulationen ein weites musikalisches Feld eröffnen. Es entsteht nicht mehr der Eindruck einer Progression, vielmehr verleiht die ständige Neuorchestrierung desselben Materials der Musik einen konstanten, neuen Reichtum. Es ist weniger das Unvorhersehbare, als das Evidente, das den musikalischen Diskurs bestimmt, gleichzeitig werden dabei aber die Elemente in kleinere Einheiten aufgespalten und ihre innere Komplexität und ihr „Resonanzpotenzial“ offenbart.
Marin Escande ist ein Komponist aus Paris, der am Pariser Konservatorium (CNSMDP) bei Gérard Pesson Komposition studierte. Seine Arbeit entfaltet sich an der Schnittstelle von instrumentaler und elektroakustischer Musik und ist oft von einem interdisziplinären und ortsspezifischen Ansatz geprägt. Das führte zu einer Reihe von Projekten, bei denen Klang auf Raum, Material und Bewegung trifft – ein erstes Projekt entstand dazu in Barcelona in Zusammenarbeit mit einer Architektin (A Ritual of Air and Water, 2020), das mit einem UNESCO-Preis ausgezeichnet wurde, ein zweites in Yokohama mit dem japanischen Kollektiv Choreography for Scenography (Choreography of Encounters, 2021) und ein drittes während einer zweimonatigen Residency in der Villa De Saram in Sri Lanka (Französisches Institut), wo Escande eine Klanginstallation auf der Grundlage der Arbeit des Architekten Geoffrey Bawa produzierte (In Search of Patterns, 2022). Kürzlich hat er auch einen Aufenthalt rund um die Klangskulpturen der Gebrüder Baschet in ihrem großen Atelier in der Region Paris verbracht.
Parallel zu seiner kompositorischen Tätigkeit promovierte Marin Escande in Musikwissenschaft an der Universität Sorbonne und lehrte selbst Musiktheorie und Klanggestaltung an der Universität Lille. Seine Forschungen konzentrieren sich auf das japanische Avantgarde-Kollektiv Jikken Kōbō (Experimental Workshop) und im weiteren Sinne auf die experimentelle Musikszene der Nachkriegszeit in Tokio. Durch seine Erfahrung als Forscher und Pädagoge hat er Fähigkeiten in der ethnografischen Feldforschung, der Archivrecherche und der Weitergabe von musikalischem Wissen entwickelt. Diese Aktivitäten haben seine kompositorische Praxis, die häufig Bezüge zu den Sozialwissenschaften aufweist, tiefgreifend beeinflusst. Wie seine akademische Forschung basiert auch seine Musik auf umfangreichen dokumentarischen Recherchen – manchmal unter Einbeziehung von Archiven – und auf der Synthese verschiedener Einflüsse, einschließlich musikalischer, visueller und textlicher Materialien.
Ich betrachte meine Kompositionen als Statements, die psychologische und philosophische Themen erforschen. Mit einem minimalistischen Materialaufbau und wellenförmigen Strukturen strebe ich dynamische Entwicklungen an, die traditionelle Parameter wie Tonhöhe und Rhythmus neu interpretieren. Instrumente und Stimmen verschmelzen zu einer kohärenten Einheit, wobei die Musiker°innen durch den Einsatz ihrer Stimme auch körperlich und performativ integriert werden. Toshio Hosokawa beschreibt ihr Werk wie folgt: “Hristina Susak from Serbia is a young composer still in her twenties, and is a star composer of the next generation whose music, backed by her bold ideas, always attracts great attention.”
Hristina Susak komponiert seit ihrem achten Lebensjahr. Mit 17 begann sie ihr Studium der Komposition und Musiktheorie an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, das sie bei Iris ter Schiphorst und Gesine Schröder abschloss. Anschließend absolvierte sie das Meisterklassenstudium bei Mark Andre in Dresden. Ihre Werke wurden weltweit aufgeführt, u.a. vom Ensemble Intercontemporain in der Philharmonie de Paris, bei der Biennale di Venezia, der Paris Fashion Week, dem ECLAT Festival, in der Kioi Hall in Tokio sowie vom MDR-Sinfonieorchester, Arditti Quartett, Vokalsolisten Stuttgart, usw. Sie ist auch als Performancekünstlerin aktiv. 2019 nahm sie an einem Workshop von Marina Abramović in Belgrad teil. Seit 2023 lehrt sie musiktheoretische Fächer an der Universität der Künste Berlin.