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Foto von Astrid Ackermann / Schott Promotion

Chaya Czernowin, Komposition

"Chaya Czernowin zeigt auf beeindruckende Weise, wohin avanciertes Musiktheater führen kann – tief hinab in die dunklen Schächte des Unterbewusstseins, jenseits von jeder Realität, jenseits aller Verbalisierung." (Claus Spahn, Die Zeit)

Chaya Czernowin wurde am 7. Dezember 1957 in Haifa geboren und wuchs in Israel auf. Sie begann ihre Kompositionsstudien an der Rubin Akademie in Tel Aviv, seit ihrem 25. Lebensjahr lebte sie in Deutschland, Japan, den USA und Österreich. Dank ihrer Lehrer Abel Ehrlich, Dieter Schnebel, Brian Ferneyhough und Roger Reynolds sowie verschiedener Stipendien und Preise konnte sie intensiv an der Entwicklung ihrer musikalischen Sprache arbeiten. Czernowins Kompositionen wurden auf über 60 Festivals in aller Welt aufgeführt, unter anderem beim 20th Century Music Festival in Mexiko, bei Wien Modern, dem Asia Pacific Triennial in Australien und in Huddersfield. Dank ihrer genauen Kenntnisse der experimentellen zeitgenössischen Musik wurde sie selbst zu einer gefragten Pädagogin. Sie unterrichtete 1993/94 Komposition am Yoshiro Irino Institut in Tokyo und zwischen 1990 und 1998 bei den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt. In den Jahren 1997 bis 2006 wirkte sie als Professorin für Komposition an der University of California San Diego. Von 2006 bis 2009 lehrte sie an der Wiener Universität für Musik und darstellende Kunst. Als Gastprofessorin erhielt sie Einladungen nach Göteborg und Seoul. Seit 2003 leitet sie die Internationale Sommerakademie für junge Komponisten auf Schloss Solitude bei Stuttgart. 2009 nahm sie einen Ruf an die Universität von Harvard an.

Für die Münchener Biennale 2000 schrieb Czernowin die Oper "Pnima...ins Innere". Das Werk basiert auf der Erzählung „Momik" aus David Grossmans Buch „Stichwort: Liebe“. Ein israelischer Junge versucht, die Holocaust-Erlebnisse seiner Eltern- und Großelterngeneration zu verstehen, doch diese sind unfähig, über ihre traumatischen Erinnerungen zu sprechen. Die Unmöglichkeit einer befreienden Kommunikation hat Czernowin in ein eigenständiges Musikkonzept übertragen: Die Sprache zerfällt in Laute, die Musik sucht die Grenzen zum Geräuschklang, die Handlung verharrt im Unterbewussten. Gleich mit der ersten Inszenierung gewann "Pnima" den Bayerischen Theaterpreis und wurde von der Zeitschrift Opernwelt als „Beste Uraufführung des Jahres“ ausgezeichnet. Das Musiktheaterfragment "Adama" (2004/05) entstand als zeitgenössischer Kontrapunkt zu Mozarts unvollendetem Singspiel Zaïde. Die Premiere erfolgte bei den Salzburger Festspielen 2006. Parallel zu Mozarts Musiknummern entsteht – teilweise gleichzeitig, teilweise anstelle der fehlenden Dialoge – Czernowins Musik als eigenständige Ebene. Das Thema von Zaides Flucht spiegelt sich im Adama-Teil in der hoffnungslosen Liebesbeziehung einer Israelin und eines Palästinensers. Czernowins abendfüllende Komposition Pilgerfahrten (2006/07) für Sprecher, Knabenchor und Instrumentalensemble trägt ebenfalls musikdramatische Züge. In Form eines „Klangtheaters“ beschreibt es die abenteuerliche Reise der skurrilen „Mumins“ zu den gefürchteten „Hatifnatten“. Die Texte gehen auf Gedichte Stefan Georges und die „Mumin“-Kinderbücher von Tove Jansson zurück. Roderich Kreile leitete im Festspielhaus Hellerau die Uraufführung mit dem Dresdner Kreuzchor und dem Ensemble Courage.

Neben den Arbeiten für das Musiktheater komponierte Czernowin zahlreiche Werke für Kammermusikbesetzungen und Ensemble. 2003 wurden die "Winter Songs" vollendet. Alle drei Teile, "Pending Light" (2002/03, Auftragswerk des IRCAM), "Stones" (2003, Ensemble Modern) und "Roots" (2003, Sospeso), gehen auf eine gleichbleibende Kernmusik von sieben Instrumentalisten zurück, die jeweils in einen anderen Klangzusammenhang aus Electronics, Schlagzeug und Sampler gebracht werden. Das groß angelegte, den Bewegungen des Wassers nachspürende Triptychon Maim (2001/2007) für Orchester und fünf Soloinstrumente wurde beim Festival MaerzMusik in Berlin durch Johannes Kalitzke und das Konzerthausorchester zur Uraufführung gebracht.

Czernowin wurde für ihre Werke mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter finden sich der Kranichsteiner Musikpreis (1992), der Preis des Asahi Shimbun Fellowship (1993), ein Stipendium an Schloss Solitude (1996), der Förderpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung (2003), der Preis der Rockefeller (2004) und Fromm Foundation (2008) sowie einen Guggenheim Fellowship Award (2011). Als Composer in Residence wurde sie 2004 von Festivals in Dresden und Darmstadt und 2006 zu den Salzburger Festspielen eingeladen.

 

http://chayaczernowin.com/

 

Chaya Czernowin wird von 16. - 22. Februar vor Ort sein und bei impuls unterrichten.